Das Atelier im Jahr 2000

In Memmingen trennt sich eine Druckerei von einem Teil ihrer Handsatzaustattung: Schriften, Blindmaterial und Mobiliar. Es ist lediglich eine Autofahrt von eineinhalb Stunden. Ich mache mich auf den Weg. Einen Tag verbringe ich vor Ort mit dem Umsetzen von Schriften von verschiedenen Regalen in die, welche ich übernehmen möchte. Es ist ein kleine Gasse, die aus drei Regalen besteht..

Eigentlich ist dafür gar kein Platz in meinen Räumen. Ich messe nach mit dem Zollstock: mit etwas umräumen sollte das wohl hinzukriegen sein.

Eine Setzergasse: zwei Setzregale für Schrift, vier Schiebepulte und ein Schwenkhocker in der Mitte

Eine Gasse. Die Setzregale in einer Setzerei oder Druckerei sind traditionell als Gassen gestellt. Wie in einer historischen Altstadt, wo Fachwerkgebäude eine enge Gasse beidseits säumen, stehen sich die Setzregale gegenüber. Die Schriftsetzer sollen bei ihrer Arbeit kurze Wege haben.
Die Gasse, die ich übernehmen werde, besteht aus drei Regalen, hat eine durchgehende Arbeitsplatte und vier Schiebepulte. Das besondere Extra: im mittleren Regal befindet sich ein Schwenkhocker. An einem Samstag in der Früh machen wir uns zu viert in zwei Transportern auf den Weg nach Memmingen und bauen das gute Stück ab: es ist in einem seltenen hellen Rostrot gehalten. Das Zeitfenster ist eng, aber am Ende sind Schriftkästen, Blindmaterial und die Arbeitsmöbel eingeladen und gut verzurrt. Nach einer Mittagspause in einem ausgezeichneten italienischen Restaurant geht es zurück und ans Ausladen.

Die erste Teilnahme an einer Buchmesse steht an: es ist der 3. Buchmachermarkt in Mosbach, der alle zwei Jahre von der Druckwerkstatt Mosbach e.V. veranstaltet wird. Karl Kretschmer, selbst gelernter Drucker, ist einer der Organisatoren.

Es ist ein Jahr der Premieren. Die ersten Farbholzschnitte entstehen: unserer Hündin Tita und ein rote Rose. Die ersten Einblattdrucke sind ein Psalm und einText von Prediger Salomo.
Im Buchbinder-Colleg kann ich zwei weitere Fortbildungen absolvieren: bei Katja Liebig lerne ich, wie Buntpapiere nach Rolf Steffens gefertigt werden, und Kerstin Forstmeyer zeigt, wie man im Mittelalter Farben, Tuschen und Tinten angerührt hat. Beides wird in den kommenden Jahren immer wieder zum Einsatz kommen.

Handgemachtes Buntpapier

Und es kommt ein erster Auftrag. Aus einer Anfrage, eine Einladungskarte im Bleisatz zu produzieren, ergibt sich die Zusammenarbeit mit Heiner Buser, der die Buchdruckerei Greno in Nördlingen betreibt. Die benötigte Auflage ist mit meiner handbetriebenen Presse nicht zu machen. Für die Einladungskarte fertige ich den Satz aus meinen Bleischriften, packe ihn sauber ausgebunden auf ein Setzschiff (mitunter liebevoll „Backblech“ genannt) und fahre damit nach Nördlingen. In Auflage gedruckt wird alles auf Heiner Busers Heidelberger Tiegel. Wir werden Heiner in den kommenden Jahren oft besuchen: er bietet uns an, auf seinen Monotype-Maschinen selbst Schrift zu gießen für den Handsatz. Drei Jahre wird uns das beschäftigen.

Das bin ich an Heiner Busers Heiderberger Tiegel.

Was sonst noch geschah:

Eine Adana 8×5 Handtiegeldruckpresse kommt ins Team.

Im Jahr 2000 werden publiziert:

„Tita schläft“ Farbholzschnitt von 2 Platten

„Lady of Whitby“, Farbholzschnitt von 3 Platten

Psalm 121, Einblattdruck, Bleisatz und Holzschnitt

„Ein Jegliches hat seine Zeit“ Einblattdruck, Bleisatz

Kontakt

Druckwerkstatt Mosbach

Buchmachermarkt Mosbach

Wird fortgesetzt – nächste Folge am 24. März 2024

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