Das Atelier im Jahr 2008

Die eiszeitlichen Höhlenmalereien zeugen davon, dass der Mensch schon vor Jahrtausenden wusste, dass man mit Erde malen kann. Eines meiner Wahlfächer im Studium war Bodenkunde. Für die Protokolle, die bei Exkursionen draußen im Gelände geführt werden mussten, haben wir immer die Farben der jeweiligen Bodenhorizonte mit dem Finger als dicke Striche ins Notizbuch gemalt und die Kommentare dazu notiert. Die mineralischen Farben bleiben sich auf lange Zeit treu. Für mich hatten diese erdigen Farbtöne immer einen ganz besonderen Reiz – und haben ihn noch.

„Kriegslied“, Gedicht von Matthias Claudius, Linolätzung, Übermalung mit Erdpigmenten, Handsatz aus der Semper-Antiqua

Als im Jahr 2000 ein Kurs zur Herstellung von Tinten, Tuschen und mittelalterlichen Farben beim Buchbinder-Colleg angeboten wurde, habe ich mich sofort angemeldet. Ein völlig neues Feld von Möglichkeiten hat sich eröffnet. Plötzlich wurden Unter- und Übermalungen möglich mit genau den Farbigkeiten, die ich mir vorgestellt hatte. In der Farbmühle Kremer im Allgäu fand sich auch der passende Lieferant. Schon die Namen der Pigmente sind phantastisch: da gibt es Grubenocker aus England, Burgunder Grau und Terra Pozzuoli.

„War die Schlacht schön, mein Herr?“ Übermalung mit Erdpigmenten, Handsatz aus der Post-Antiqua und Bodoni

So entstanden Einblattdrucke wie „Die Schlacht“, für den Erdpigmente in den Farbtönen blutgetränkten Bodens verwendet wurden, das „kriegslied“ von Matthias Claudius, aber vor allem die Reihe der „Soil Letters“. Es ist eine Reihe von Unikaten mit kraftvollen Pinselstrichen in reinen Erdfarben, vorwiegend warme Ocker- und Umbratöne. Der Titel der Reihe spielt damit, dass das englische Wort „Letters“ im Deutschen sowohl mit „Buchstaben“ als auch mit „Briefe“ übersetzt werden kann. In den Blättern präsentiert sich eine Art Alphabet oder eine Korrespondenz. Es sind die Buchstaben der Schrift, in der die Erde schreibt, und auch Briefe, die der Boden an uns schickt.

Der Boden wird oft nicht als etwas Eigenständiges wahrgenommen. Er ist immer da und trägt alles. Erst wenn er wegbricht, wenn wir ihn unter unseren Füßen verlieren, wenn er keine landwirtschaftlichen Erträge mehr produziert, merken wir, wie fundamental, im wahrsten Sinne des Wortes, er für uns ist.

„Alles habend“ Einblattdruck, GEdicht von Stefan George, Handsatz aus der Akzidenz Grotesk, Papierbatik

Ich experimentiere weiter mit Möglichkeiten, dem gedruckten Text einen farbigen Hintergrund zu geben. Das heißt, die Papierbogen werden vor dem Druck farblich gestaltet. Eine Möglichkeit ist die Untermalung, zum Beispiel mit Erdpigmenten. Eine andere Variante ist die Papierbatik. Hier werden Bereiche reserviert, also so behandelt, dass sie die Farbe nicht annehmen. Dann wird der Bogen farblich gestaltet. Vor dem Druckvorgang muss das, was zum Reservieren aufgetragen wurde, entfernt werden. Ich mache Versuche mit Wachs, was den Effekt hat, dass dadurch das Papier durchscheinend wird. Es muss allerdings sehr sorgfältig aus dem Papier herausgebügelt werden, weil sonst die ölbasierte Druckfarbe keine Verbindung mit dem Papier eingehen kann. Jeder dieser Bogen ist ein Unikat. Auf diese Art entsteht der Einblattdruck „Alles habend“ mit einem Gedicht von Stefan George.

Was sonst noch geschah:

Teilnahme an der Leipziger Buchmesse

Teilnahme an der 9. Buch-und Handpressenmesse in Frauenfeld (Schweiz)

Teilnahme am 7. Buchmachermarkt in Mosbach

Teilnahme an der Landesgartenschau in Neu-Ulm: Woche der Rose

Die Reihe: Poetische Rosenbücher

Beteiligung an der Ausstellung „Birds, Bird Books and Bookbinding“ in Bath (UK)

Im Jahr 2008 werden publiziert:

„Carrbridge II“ Linolätzung von 2 Platten

„Schwarze Rose“ Linoätzung

„Alles habend“ Einblattdruck, Gedicht von Stefan George, Papierbatik, Handsatz

„Kriegslied“ Einblattdruck, Gedicht von Matthias Claudius, Linolätzung und Handsatz, Übermalung mit Erdpigmenten

„Wüßt ich“ Einblattdruck, Gedicht von Hugo von Hofmannsthal, Holzschnitt abgerieben

„Die Schlacht“ Einblattdruck, Folksong, Handsatz, Übermalung mit Erdpigmenten

Unikat-Reihe der „Soil Letters“, gemalt, mit Erdpigmenten

Kontakt

Druckwerkstatt Mosbach

Farbmühle Kremer

Buch- und Handpressenmesse Frauenfeld: Atelier Bodoni/Waldgut Verlag

Wird fortgesetzt – nächste Folge am 29. April 2024

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