Die Walz für Buchdruck und Handsatz

Die Walz (auch Wanderjahre) war traditionell Bestandteil der beruflichen Laufbahn in Handwerksberufen seit dem Mittelalter. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung machten sich die Gesellen zu Fuß auf für drei Jahre und einen Tag, um in der Fremde Erfahrungen zu sammeln und ihren Horizont zu erweitern. Gegen Kost und Logis stellten sie ihre Leistung eine Zeitlang in den Dienst einer Werkstatt und zogen dann weiter. Vor allem Zimmerleute und Dachdecker, aber auch andere holz- oder metallverarbeitende Gewerke pflegten die Walz und tun dies heute noch. Sie war aber auch unter Künstlern wie Malern, Steinbildhauern und Goldschmieden verbreitet und hat damit zur Verbreitung von Gestaltungsstilen in ganz Europa beigetragen.

Vor einigen Jahren entwickelte der „Verein für die Schwarze Kunst“ die Idee einer „Walz für Buchdruck und Handsatz“. Das praktische Arbeiten in diesen Gewerken ist mittlerweile aus den gängigen gewerblichen Druckereien fast vollständig dem Offset- und Digitaldruck gewichen, ist aber in Ateliers und Werkstätten, die im künstlerischen und kunsthandwerklichen Bereich arbeiten, sowie in Museen noch lebendig. So wurde ein Konzept entwickelt, wie in diesem Umfeld das Wissen und die Erfahrungen im Umgang mit Buchdruckpressen und Bleischriften weitergegeben werden kann. Damit soll gesichert werden, dass auch künftige Generationen mit diesem Kulturerbe noch werden umgehen können. Schließlich war es der Buchdruck mit beweglichen Lettern, der unsere Kommunikation, unsere Bildungssituation und damit auch unsere gesamte Gesellschaft vollständig und dauerhaft revolutioniert hat. Lesen und schreiben zu können war einst das Privileg von Eliten, ist aber heute einem sehr viel größeren Kreis von Menschen zugänglich.

Am 7. April war der große Tag: Sabine Fehmer kommt in die Druckwerkstatt The Fork and Broom Press, das Atelier ist die zweite Station auf ihrer „Walz für Buchdruck und Handsatz“. Bis zum 12. April wird sie hier ihr Projekt im Handsatz und Buchdruck umsetzen: ein Leporello zum Gedicht „Naturspiel“ von Christian Morgenstern. Im Verlauf erfährt sie viel über die beiden großen alten Gewerke Buchdruck und Handsatz. Sie selbst ist Leiterin der Druckwerkstatt an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig und wird, was sie während ihrer Walz erlernt und erfahren hat, an die Studierenden weiterreichen. Ihre Erfahrungen und Erlebnisse von allen Stationen auf ihrer Walz stellt Sabine in einem Bericht auf ihrer eigenen Website „Die Typo-Reisende“ zusammen.

Die „Walz für Buchdruck und Handsatz“ erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von zwei bis sechs Monaten. Es sind wenigsten drei Werkstätten zu besuchen und 40 Tage zu mindestens fünf Arbeitsstunden abzuleisten. Der Verein vergibt jährlich eine kleine Zahl von Stipendien für Interessenten unter 30 Jahren. Näheres über die Modalitäten, Bewerbungsfristen und Ansprechpartner ist hier zu finden:

Am 12. April gingen Sabines Tage bei The Fork and Broom Press zu Ende. Am letzten Tag war Ablegen und Aufräumen an der Reihe, und das Verpacken der frischen Drucke. Zum Abschied hat mir Sabine einen wunderschönen Blumenstrauß geschenkt.
Liebe Sabine, vielen Dank dafür, dass Du zu mir in mein Atelier The Fork and Broom Press gekommen bist zum Lernen. Alles Gute für Deine weitere Reise zu den anderen Stationen Deiner Walz für Buchdruck und Handsatz!

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