Graphik-Scheune auf Zeit 25.-28. August

Der Nachtisch zum Tag der Druckkunst wird serviert von 25.-28. August in der alten Scheune neben dem Atelier in Oppenwehe. Dazu wird es eine Galerie auf Zeit geben in der Scheune, wo die neuen Werke gezeigt werden und dazu eine feine Auswahl von Werken von der Backlist.

Die alte Scheune war zum 20-jährigen Atelierbestehen schon Ort für Lesungen. Mächtige Eichenbalken tragen die Holzkonstruktion und schaffen einen großen Raum mit fast magischer Atmosphäre. Diesmal verwandelt sich die Scheune in eine Galerie mit Originalgraphiken an den Wänden und Büchern auf Podesten, mit Plätzen, die zum Verweilen einladen, wie Liegestühle und Sofas.

Die drei Tage von 25. bis 27. August sind eine Premiere: das erste Wayzgoose beim Atelier The Fork and Broom Press. Im englischen Sprachraum ist der alte Brauch des Wayzgoose auch heute noch lebendig: es ist das traditionelle Fest der Drucker zum Sommerende, üblicherweise an oder um Bartholomäus abgehalten, das ist der 24. August. Bevor wieder Licht angezündet werden musste zum Arbeiten in den Werkstätten, gab es eine Pause, eine Zäsur. In den alten Tagen war dies ein Fest, ausgerichtet vom Meister zum Dank für seine Mitarbeiter, mitunter mit einer auf den abgeernteten Feldern dick gewordenen Stoppelgans. Der alte englische Begriff „wase“ (irrtümlich geschrieben als „wayz“) heißt soviel wie Garbe oder Ernte, und „goose“ ist die Gans. Heutzutage wird das Wayzgoose genutzt, um die neuen Werke vorzustellen – und genau das ist es, was das Atelier The Fork and Broom Press zum „Tag der Druckkunst“ jedes Jahr macht: die neuen Graphiken und Künstlerbücher vorstellen.

Um das Wayzgoose, das traditionelle Fest der Drucker, und den Zusammenhang mit dem Heiligen Bartholomäus ranken sich viele Geschichten.

Bartholomäus war ursprünglich der Heilige und Patron der Pergamenter. Als das Handwerk des Papiermachens sich ausbreitete und in Europa etablierte, hat das Papier allmählich das Pergament ersetzt. Es scheint, als hätten so die Papiermacher den Heiligen Bartholomäus als Patron quasi geerbt. Ursprünglich wurde Papier aus Lumpen hergestellt. Die Lumpen, aus denen das Fasermaterial für die Papierpulpe gewonnen wurde, waren im Frühjahr gesammelt worden, und mussten bis in den Sommer rotten. Zum Ende des Sommers konnte dann daraus frische Pulpe gemacht werden. Bevor die neue Pulpe in die Bütten genommen wurde, wurden diese geleert und gesäubert. Die letzten Bogen, die aus der alten Pulpe geschöpft wurden, waren nicht für die Drucker. Aus diesen Bögen wurde Fensterpapier gefertigt. Fenster waren einst lediglich Öffnungen in der Wand. Zum Schutz vor der Kälte wurden diese Öffnungen vor dem Winter verschlossen, traditionell zu St. Martin, also am 11. November. Wer es sich leisten konnte, setzte Glas ein. Für wen Glas zu teuer war, der nahm Pergament. Mit dem Siegeszug des Papieres wurden dann gewachste Papierbogen verwendet. Zum Ende des Sommers, möglicherweise gerade um Bartholomäus, gab es am Ende eine Zeit, in der die Papiermacher den Druckern keine Bogen in Druckqualität liefern konnten, und diese Lieferpause mögen die Drucker dann für eine kleine Auszeit genutzt haben.

Am Ende ist die Erklärung aber vielleicht doch ganz einfach. Im Sommer sind die Tage lang und hell genug zum Arbeiten bis spät in die Nacht. Bis Ende August sind die Tage noch lang und die Abende noch hell genug, um in den Werkstätten ohne zusätzliche Beleuchtung arbeiten zu können. Danach kam wieder die Zeit, in der das Licht von draußen zum Arbeiten nicht mehr reichte. Arbeitsreiche Monate gingen zu Ende: der richtige Moment für eine Zäsur, eine Pause, ein Innehalten, von den Wochen oder gar Monaten, angefüllt von langen Arbeitstagen. Es wäre ein guter Anlass dafür, die erfolgreiche Produktionszeit zu feiern und zu zeigen, was es Neues gibt.

Der Brauch des „Wayzgoose“ hat sich besonders bei den Druckern gehalten und ist auch heute noch im angelsächsischen Raum beidseits des Atlantik Teil der geschätzten Gepflogenheiten in der Branche. Dabei werden dann die neuen Werke und Bücher präsentiert. Und genau dies ist die Idee beim „Tag der Druckkunst“ im Atelier The Fork and Broom Press: die neuen Originalgraphiken, Einblattdrucke und Künstlerbücher vorzustellen. Mit dem „Wayzgoose“ wird nun auch der dritte und letzte Gang des Menüs zum „Tag der Druckkunst 2022“ serviert: Der Nachtisch.

Seit 2018 gehören die künstlerischen Drucktechniken offiziell zum Kulturerbe. Seit 2019 beteiligt sich das Atelier am „Tag der Druckkunst“ und steht auch als Station für die „Walz für Handsatz und Buchdruck“ zur Verfügung. Nun möchte das Druckatelier auch diesen schönen Brauch des Druckgewerks aufgreifen und lädt hiermit zum ersten „Wayzgoose bei „The Fork and Broom Press“ ein. Dafür wird die alte Scheune beim Atelier zur Galerie, zur Graphik-Scheune: Die kräftige Holzkonstruktion gibt den stilvollen Hintergrund für eine Ausstellung, in der die neuen Werke gezeigt werden. Ganz besonders stehen hier im Mittelpunkt das neue Künstlerbuch „Nichts bleibt wie es war“ und damit auch die Reihe der Mühlengraphiken, in der eine Auswahl von Windmühlen entlang der Westfälischen Mühlenstraße im Mühlenkreis originalgraphisch umgesetzt sind. Von der Ballerina in Destel über die beiden Bockwindmühlen in Neuenknick und natürlich Oppenwehe bis hin zum „Valentin“ hoch über der Weser sind die Mühlen in ihrem ganz individuellen, lokalen und historischen Kontext festgehalten – gedruckt auf traditionelles Büttenpapier von bis zu sechs separat geschnittenen Linolblöcken.

Das Wayzgoose in der Scheune ist das Dessert und damit der Abschluss des dreigängigen Menüs, das dieses Jahr zum „Tag der Druckkunst“ beim Atelier The Fork and Broom Press serviert wird.

Geöffnet ist die Graphik-Scheune für das Wayzgoose:
Donnerstag 25. bis Samstag 27. August jeweils von 15 bis 19 Uhr.

Extra-Öffnungszeiten zum Kreismühlentag:
Sonntag 28. August von 11 bis 16 Uhr.

Mehr zur „Walz für Handsatz und Buchdruck“ findet sich in der Kategorie „Aus dem Drucksaal“ mit den Links für Bewerbungen zum Stipendium beim Verein für die Schwarze Kunst